Wahrscheinlich lässt der Titel schon erahnen, was jetzt kommt und ich ernte ein „Gähn“! Es ist mir aber auch unmöglich, nicht über dieses Thema zu schreiben. Ich würde es mir einfach nicht verzeihen, keinen Versuch unternommen zu haben und tatenlos zuschauen zu müssen. Es liegt mir auch fern, belehren zu wollen, aber vielleicht kann ich ja das ein oder andere Herz öffnen – mit dem Wunsch, dass sich die eine oder andere Verhaltensweise ändert. Solange Wurst- und Fleischberge sich in Supermärkten türmen, aber auch die ebenfalls unzähligen Bilder und Filme der Massentierhaltung nicht im Inneren der Menschen ankommen, ist ja Potential dafür vorhanden. Wir halten fest an Traditionen und was uns seit dem Kindesalter als „normal“ beigebracht wurde. Man geht zum Metzger und bekommt als Kind eine Scheibe Gelbwurst. Ganz normal. Im Sommer werden Würste und Fleisch auf den Grill gelegt. Ganz normal. An Weihnachten gibt es eine Gans. Ganz normal. Und dass mittlerweile der Truthahn für Thanksgiving als Mahlzeit eingebürgert ist, ganz normal. Es handelt sich um Lebewesen. Wir stülpen ihnen unsere Gewalt über, ganz einfach weil wir es können.
Ich kann nur einen kleinen Einblick in mein Innerstes geben und hoffe immer wieder, dass ich damit vielleicht doch nicht allein bin auf der Welt: Ich war wahrscheinlich acht oder neun und entdeckte mit anderen Mitschülern an meiner Grundschule am schwarzen Brett ein Plakat mit eingespannten Kaninchen in einer Vorrichtung, damit Shampoo oder ähnliches an ihren Augen getestet wird. Tiere, die sich nicht wehren können, die nicht mal eine Funktion haben, ein Lid zu schließen, Tiere deren Wehlaute wir einfach nicht hören wollen. Es hat mir das Herz aus dem Leib gerissen und ich war gefangen im Leid des Tieres selbst. Und so geht es mir auch heute noch. Ich stehe da auf dem Weg zu Schlachtbank, ich werde in einem stickigen LKW transportiert, ich werde auf dem Weg geschlagen und getreten, mir werden die Beine gebrochen, ich bin fast am Verdursten. Für meinen „inner peace“ und vor allem um mich selbst zu schützen, versuche ich, Abstand zu gewinnen. Weil ich es kann. Ich kann in meine Menschenhaut jederzeit wieder schlüpfen. Für Tiere ist es bittere Realität. Wir sind alle aufgeklärt und wir wissen, dass es den Metzger des Vertrauens, der sein Tier zu Tode gestreichelt hat, nicht gibt. Wir wissen genau, wie wir Tiere foltern. Wir schützen uns alle vor dieser Wahrheit, womöglich hat es die Natur so eingerichtet. Die Barbarei des Holocaust lässt sich nicht an der Zahl der gestorbenen Menschen festmachen, aber wenn wir in das Seelenleben der Anne Frank abtauchen, besteht für uns eine Möglichkeit, das Einzelschicksal zu multiplizieren.
Tiere haben Augen, ein Herz, gleiches Schmerzempfinden wie wir, einen Freiheitsdrang und ein Sozialgefüge. Sie sind in einer so unglaublichen Vielfalt von der Natur erschaffen worden, dass es mich vor Faszination immer wieder umhaut. Keinesfalls sollte es doch bedeuten, dass wir uns über das Tier stellen, dass wir ihm, wo es sich uns anvertraut, in den Rücken fallen. Tiere sind wie Menschen, nur in einem anderen Kostüm :-).
Sie sind kein Produkt, kein normales Lebensmittel wie wir es von Kind auf gelernt haben. Sicher waren die Zeiten auch mal anders: Um nicht zu verhungern als Höhlenmensch oder um in Kriegszeiten das eigene Überleben zu sichern, war Fleisch eine unumgängliche Quelle. Dafür ist der Mensch tagelang entbehrungsreich durch sein Tal gelaufen, die Füße waren wund, die Gefahren groß und der „Glückstreffer“ selten. Zeremoniell, sei es bei Naturvölkern ihrem Gott zugewandt oder auch nach und während eines Krieges in Form von Schlachtfesten, hat man sich überschwänglich bedankt bei der Quelle und Herkunft des Mahls. Selbstverständlich war es einfach nicht. Traditionen müssen sich angesichts besserem Wissen ändern. Wir können das. Was den Menschen ausmacht, ist doch seine Anpassungsfähigkeit. Kultur! Auch wenn die Erfindungen: Religion, Geld, Aktienmärkte, Ländergrenzen beweisen, dass wir kriegerisch sind. Überzeugt bin ich, dass wir in der heutigen Gesellschaft, in westlichen Gefilden, es uns leisten können, unser Herz und Mitgefühl zu kultivieren.
Einfach ein bisschen weniger oder gar nicht. Wir sind keine „Wir-müssen-überleben“-Karnivoren mehr, wir sind leider „Weil-es-uns-schmeckt“-Karnivoren. Den von Geburt an richtigen und ökologisch korrekten Menschen gibt es wahrscheinlich nicht. Aber es geht einfach darum, das Vermeidbare zu vermeiden.
Es passiert viel in unsere Gesellschaft, und viele tragen ihr Quentchen bei zu einer besseren Welt: weniger Müll, weniger Flugreisen, weniger Autofahren. Mit dem Verzicht auf Produkte aus Tierleid könnten wir aber auf die direkteste Art und Weise Leben retten. Was nicht nachgefragt wird, wird nicht produziert. Und so ist man für die Wirtschaft auch als Einzelner von größter Bedeutung.
Ich wünsche mir so sehr, ein oder zwei Herzen geöffnet zu haben und vielleicht damit anzukommen. Herz ist doch wieder in unserer Gesellschaft gefragt, oder?
Nachtrag:
Warum im Yoga viele sich vegetarisch ernähren oder sogar konsequenterweise vegan? Man „macht nicht Yoga, sondern man versucht, ein Yogi zu sein. Dazu gehören auch Verhaltensregeln gegenüber anderen (Yamas), und hier ist das erste Gebot die Gewaltlosigkeit und das Nichtverletzen (Ahimsa). Du bist, was Du isst.
Lokah Samstah Sukinhno Bhavantu = Mögen alle Lebewesen überall frei und glücklich sein
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