Kundalini und andere Drogen
„Kundalini yoga is the crack-cocoaine of yoga. If Hatha is a mild weed high, Iyenger is a deep hash glow and Ashtanga is Amphetamine, Kundalini blows the fucking doors off“ – Russell Brand.
Kundalini hört sich also vielversprechend an! Wie bereits erwähnt gibt es einerseits Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan. Das sind dann aber Yogastunden, die nach einem bestimmten Schema abfolgen, wie zum Beispiel die Hände minutenlang nach oben zu strecken. Andererseits kann die Kunadlini Enrgie wachgerufen werden, was sich letztendlich in beinahe allen Yogastunden erzielen lässt – als netter Nebeneffekt. Die Kundalini-Energie an den Zielort zu bringen, passiert meist in einsamen Minuten, bevorzugt in der Natur. Man kann sich jedoch verschiedenster Hilfsmittel bedienen, die bereits in der Vergangenheit erfolgsversprechend waren und sich bewährt haben, um diese Energie anzutriggern und zu stimulieren. Ist also eine Kundalini-Yogastunde ausgeschrieben und fühlt man sich (noch) nicht offen für alles, was da kommt, sollte man am besten nochmals nachfragen.
Vielleicht ist der Drogenvergleich im Yoga nicht angemessen, aber nachdem auch hinter mir eine nicht ganz so anständige Vergangenheit liegt, finde ich Russel Brands Zitat gar nicht so unpassend. Was habe ich meine jungen Jahren um Anfang bis Mitte 20 alles ausprobiert. Das Wort „verschwendet“ liegt mir auf der Zunge, aber wer weiß, wofür es gut war oder ob ich sonst jetzt der wäre, der ich bin. Vom Leben habe ich mich immer gerne treiben lassen und nicht mit allergrößtem Ehrgeiz zielgerichtet selbst eingewirkt. Was sich mir in den Weg stellte oder anbot, wurde ausprobiert, egal ob Herzenssachen, Jobmöglichkeiten oder eben auch Rauschmittel. Vom heutigen Standpunkt aus gesehen, bin ich dann doch geschickt durch das Asteroidenfeld gelenkt worden und glücklich gelandet. Sollten ein paar Schrammen geblieben sein, sind sie Patina und gehören zum Leben dazu. Ich bereue nichts, aber Werbung für Drogen soll das nun auch nicht sein: Gras und Haschisch haben mich träge, müde und auch dick gemacht – der Körper schreit ja nach Zucker nach dem jedem Konsum (getreu nach dem Motto „der Stoff war erst dann gut, wenn der gelbe Sack voll ist“). Bei Kokain blieb es bei wenigen Versuchen – zum Glück! Es sprengte schließlich alle Finanzen, machte sehr glücklich, aber nur kurzweilig. Nun gut, das ist alles ungefähr 25 Jahre her oder ein Vierteljahrhundert. Crack, Heroin und anderes Zeugs sind ein unberührtes Feld geblieben – alle Grenzüberschreitungen habe ich also nicht gewagt.
Man hätte mir aber ruhig früher sagen dürfen, dass es Yoga gibt. Ähnliche Erfahrungen wären doch gesünder zu erzielen gewesen – sogar mit den körpereigenen Mitteln und nachhaltiger in der Wirkung. Für Yoga mache ich Werbung! Mit Yoga kann man seinen Geisteszustand lenken, von hellwach bis ruhend, und ihn auch in die unendlichen Dimensonen ausdehnen lassen und Glückseligkeit erleben. Wir haben zwar als Mensch unseren Körper als Design mitbekommen und diese Formgebung limitiert uns, aber innerhalb dieser Begrenztheit kann man sehr wohl Unbegrenztheit erfahren. Die naturgegebenen Mittel einzusetzen kann ein beschwerlicher Weg sein und verlangt Übung, Geduld und Disziplin. Und leider gibt es keine Garantie, dass das Vorhaben auch gelingen mag. Das ganze Leben ist ein Lehrpfad, und tagtäglich stehen die Sterne in einer neuen Konstellation für einen selbst.
Aber was ist die die Kundalini und was macht sie? Bildhaft stellt man sich die Kundalini als Schlange vor, genau genommen als Kobra, die am unteren Ende der Wirbelsäule zunächst dreieinhalbfach eingerollt schlummert. Dreieinhalbfach, weil dies die vier Bewusstseinszustände symbolisiert: Jagrat – der Wachzustand, Svapna – das Träumen, Sushupta – der Tiefschlaf, Turiya – der transzendentale Zustand. Energie will immer nach oben, und das ist auch so erwünscht. Wir müssen also etwas tun, damit sich unsere „Kobra“ bewegt. Auf Beutejagd geht sie, wenn die Temperatur und die Umgebung dazu einladen. Reptilien brauchen eine warme Außentemperatur, damit Bewegung überhaupt vonstatten geht (ich führe soeben den wissenschaftlichen Beweis, selbst ein Reptil zu sein). Da es sich bei Kundalini um den feinstofflichen Energiekörper handelt, lassen wir nicht zwingend Asanas vorangehen. Viel eher wird uns durch Pranayama (Atemübungen) eingeheizt.
Für die Energielenkung werden dann Mudras eingesetzt. Bis gestern war ich in dem Glauben, Mudras seien bloße Fingerverrenkungen. Aber Mudras sind mit dem ganzen Körper zu bewerkstelligen, und so hat, von unten am Steißbein angefangen nach oben gehend, jeder Körperabschnitt sein eigenes Mudra, mit dem wir uns auf die Energie konzentrieren und diese lenken. Das ist die sogenannte Mudra Chakra-Leiter. Da in vielen meiner Yogastunden die Kundalini-Energie angesprochen wurde, habe ich mich vorwitzig an das Thema für meinen Blog herangewagt, im Glauben, ich wüsste, worum es geht. Aber erst gestern war ich in einem beinahe fünfstündigen Workshop unter professioneller Leitung, der nun wirklich darauf abzielte, die Kundalini zu erwecken. Ein irres Erlebnis, das sich bis jetzt auswirkt, wo ich versuche, meinen bereits vorbereiteten Beitrag noch mal etwas anzupassen. Man weiß ja nicht, welche Hindernisse und Blockaden im Körper sitzen, bis diese freigeblasen wurden. Und so wenig ich manche Pranayama-Übung wie die Wechselatmung bis vor nicht allzu langer Zeit mochte und dachte, ich müsste ersticken, werde ich jetzt zum Fan. Außer der Wechselatmung (genannt: Anuloma Viloma oder auch Nadi Shodhana) wird Kapalabhati, eine Bauch- und Reinigungsatmung, die den Schädel zum Leuchten bringt, und Bhastrika, die Feueratmung, eingesetzt. Eine professionelle Anleitung ist dazu unabdingbar. Einer minutenlangem Atemübung folgt ein Mudra, und unterstützt wird mit einsilbigen Mantras, den sogenannten Bija-Mantras, die den Chakras zugeordnet sind.
Mitsamt der erzeugten Wärme strebt die Kobra nun empor – diese „Aufrichtungsenergie“ wird im Yoga Kundalini Shakti genannt. Sie symbolisiert den weiblichen Part. Ihr Ziel beim Emporkommen ist klar definiert, und das ist der Gegenpol: Shiva, das göttliche Bewusstsein. Shiva ist auch der mächtigste Gott im Hinduismus und steht für Zerstörung! Zerstören von Blindheit, Zerstören von falschem Wissen, um den Weg zu ebnen, eine neue Welt, ein neues Universum aufzubauen. Im übertragenen Sinne steht Shiva für Transformation. Ja, wir können uns sehr wohl verändern. Mit Mühe, Arbeit und Feuer können wir neue Bahnen in uns ziehen und nicht immer die schon vom gewohnten Fluss ausgespülten und geweiteten Kanäle verwenden. Das Potential ist uns – bei fast einer Billion Neuronen, die wir in uns haben, sind die Möglichkeiten unbegrenzt. Keine Limits. Einzig die Faulheit wäre zu überwinden.
Die Energie läuft die Sushumna Nadi entlang, das ist eine der drei wichtigsten Nadis im Yoga. Die Sushumna Nadi hat ihren Anfang im Beckenboden-Steißbein-Bereich und hört am Scheitelpunkt des Kopfes auf, sie verbindet bildhaft Erde und Himmel. Oder noch anders: wir sollen unser kleines Menschsein in höhere Sphären heben, dem göttlichen Bewusstsein entgegen, und damit eins werden. Auf ihrem Weg aufwärts durchquert die Kundalini Shakti diverse Energiezentren. Diese Zentren bilden sich da, wo die zwei weiteren wichtigen Nadis sich durch ihre spiralförmigen Bahnen kreuzen. Da ist zum einen, rechts neben der Sushumna Nadi anfangend am Steißbein, der Sonnenkanal, auch Pingala Nadi genannt, der am rechten Nasenloch wieder austritt. Zum anderen fängt links von der Sushumna Nadi Ida Nadi (auch: der Mondkanal) an und endet am linken Nasenloch. Die Überkreuzungsfelder aller drei Nadis, sind gebündelte Energie-Zentren – sie werden Chakras genannt, und sieben Stück laut gängiger Yogalehre gibt es davon. Dazu ausführlicher ein anderes Mal. Im obersten Chakra, das dann sogar außerhalb unseren physischen Körpers sitzt (vier Finger breit über dem Scheitelpunkt des Kopfes), genannt Sahasrana oder auch Kronenchakra, liegt dann symbolisch der Sitz von Shiva, dem formlosen Bewusstsein.
Und hier geschieht dann im glücklichen Falle die Vereinigung von Shakti und Shiva. Energie mit Bewusstsein unzertrennlich vereint. Wem es gelingt, der kann alle Dämme durchbrechen. Wir erlangen Erleuchtung, Samadhi! Samadhi kann natürlich individuell empfunden werden, vielleicht auch nur für einen Bruchteil von Sekunden. Aber es bleibt ein abrufbares Gefühl.
Und so hangeln wir uns Energiezentrum für Energiezentrum im Kundalini nach oben, und wer es schon mal bis zu seinem Herzzentrum geschafft hat, ist auf einem gutem Weg. Und wie so oft: der Weg ist das Ziel.
Ohne Hingabe ist es nicht zu erreichen!
Mein Beitrag beruft sich auf mein eigenes Erleben und wie ich Kundalini bis jetzt erfasse. Es gibt sehr viel erfahrenere Yogis mit mehr und fundierterem Wissen als mich. Wer es also genau wissen möchte, wendet sich an den Profi. Für Stuttgart empfehle ich diese Adresse: esposito-yoga.
Für ein unbeschreibliches Erlebnis, für die unerschöpflich sprudelnde Quelle an Wissen und persönlichem Erfahrungsschatz danke ich Mario Esposito!