I went to Berlin and Peace comes to Stuttgart
Wenn man am U-Bahngleis steht, gerade seinen Mund öffnet, um zu fragen, welche Richtung zum Mendelson-Bartholdy-Platz führt, und man schon vor der Fragestellung ein „Wat willste?“ entgegen gepampt bekommt, dann ist einem ein Wochenende in Berlin vergönnt! Oh, ick freu mir!
Bis jetzt war ich ja noch nie auf einem Yoga-Retreat, und solange das so ist, nehmen meine Berlin-Ausflüge diese Stelle ein. Man weiß in Berlin ja schon gar nicht mehr, in welches Yogastudio man fallen soll – so viele gibt es. Zum Glück hat mein Herz eine Auswahl getroffen. Jivamukti-Unterricht lässt mich leuchten.
Man kann von den Gründern Sharon Gannon und David Life ja halten, was man will. Aber letztendlich kenne ich sie erstens nicht persönlich (noch nicht) und zweitens entscheide ich mich lieber dafür, dankbar zu sein, dass sie so viele tolle Lehrer ausgebildet haben.
Und so sind mir gleich drei Anlaufstellen für Jivamukti-Unterricht in Berlin bekannt:
Die erst Anlaufstelle, das Peace Yoga Berlin, hat einen Stundenpan, der übersichtlicher nicht sein könnte – ich wünschte, alle Yogastudios würden dieses Schema kopieren. Und nur wegen diesem Stundenplan hat mich der Weg vor eineinhalb oder zwei Jahren erstmals in dieses Studio geführt. Seitdem ist mein ganzes Yoga-Erlebnis nochmals auf den Kopf gestellt worden und mein Herz brennt lichterloh. Es war der Sechser im Lotto, dass ich per Zufall in dieses Studio „geschneit“ bin. Eine junger Mann namens Moritz Ulrich stellte sich der Klasse vor, und ich erwartete nichts. Und plötzlich war da diese Stimme, dieses Selbstbewusstsein. Stand das jemandem in so jungen Jahren zu? Das Alter passte nicht zur Reife. Selten, dass sich jemand seiner so bewusst ist – ohne auch nur einen Hauch von Arroganz. Wie kann man Sanskrit so beherrschen, wenn man nicht schon 100 Jahre in Indien gelebt hat? Keine Schublade öffnete sich für mich, um diesen Menschen zu kategorisieren. Ein Spiegel wurde mir vor Augen gehalten, dass ich Menschen doch einsortiere. Bei der Frage, ob ich das tue, hätte ich bestimmt den Kopf geschüttelt und „niemals“ erwidert.
Peace Yoga Berlin |
Erst nach meiner Yogastunde und darauffolgender Ekstase bekam ich mit, dass Moritz Ulrich in der Tat über Berlins Grenzen hinaus berühmt ist für seine Unterrichtsform und sein Wissen. In Stuttgart sitzt sogar ein ganzer Fanclub!
An meinem letzten Berlin-Wochenende habe ich Moritz‘ Stunde knapp verpasst. Er kam als ich ging. Aber ich bin dennoch nicht traurig: er wird nämlich nach Stuttgart kommen! Dort wird er einen dreitägigen Workshop geben im Jaijaima. Das Jaijaima ist ein schüchternes Yogastudio im Herzen von Stuttgart, das sich nicht gerade durch Werbung ins Rampenlicht rückt. Man bekommt gar nicht groß mit, welche Workshops dort stattfinden. Irgendwie sympathisch – aber dennoch möchte ich, dass alle davon erfahren. Also anmelden bei der liebenswürdigen Inhaberin des Jaijaima, Heike Becker, per E-Mail. Und dann Freitag Abend, den 5. Oktober, bis Sonntag, den 7. Oktober 2018, blocken! Moritz‘ Stimmgewalt und Erscheinung sollte man sich nicht entgehen lassen.
Aber ich hatte eine herausragende Yogastunde auch ohne Moritz Peace Yoga in Berlin erlebt. Und so hatte ich die Ehre, mich in Rebecca Randaks Stunde zu schleichen. Und es ruft nach Wiederholung! Rebecca hat den berühmtesten Yoga-Blog auf deutschsprachigem Terrain: Fuck Lucky Go Happy. Da kann ich noch richtig was lernen – ich für meinen eigenen kleinen Blog, nicht marketing-optimiert, verwende ja viel zu viel Worte, bin nicht benutzerfreundlich und will einfach nur schreiben, was mir sonst im Halse stecken bleibt!
Außerdem hat Rebecca ein neues Projekt gestartet, einen Podcast: Heiliger Bimbam! Die Namensgebung stimmt mich gut gelaunt. „Heiliger Bimbam“ ist meine Redewendung schlechthin. Wann immer ich jemanden dazu nötige, die Wahrheit zu sagen, dann bitte ich darum, er möge es „beim heiligen Bimbam“ tun. Das wird seit der Schulzeit so gepflegt und entspricht dem heutigen „ey, schwör!“.
Das wohl herzöffnendste Asana das es gibt, ist nicht wie vermutet Chakrasana, sondern ein eingebautes Lachen in der Stunde. Genau dieses Lachen hat Rebecca großzügig in ihrer Klasse verteilt, und zu ihrer Musikaufleg-Kunst durften wir „twist and twist again“. Noch nie habe ich eine Stunde mit so vielen Twists erlebt. Zu meinem „Yoga-Retreat“ kam jetzt noch die Detox-Kur hinzu. Hoffentlich darf ich sie noch viele Male als Lehrerin haben.
Die zweite und dritte Jivamukti Anlaufstelle in Berlin sind:
Jivamukti Berlin – Yoga Mitte und Kreuzberg. Beide Studios gehören zusammen. Der Stundenplan erschließt sich allerdings erst, nachdem man sich eine Weile damit beschäftigt hat. Das verlangt einem etwas Studium ab.
Jivamukti Berlin Mitte |
Beim jetzigen Berlin-Besuch habe ich mich aber auch trotz des Kursplan-Dschungels in beide Studios gewagt. Nur weil der Stundenplan etwas stärker herausfordert, sind die Lehrer ja nicht schlechter. Nach einiger Zeit stand mein „Tourplan“ fest. Freudig und mit roten Bäckchen stand ich an der Jivamukti-Rezeption zum Einchecken und wurde aber ernüchtert. Auf mein Freudestrahlen wurde nicht mit gleichem Echo geantwortet. Jedes dem Empfang entlockte Wort war Schwerstarbeit, und die entgegengebrachte Gleichgültigkeit versetze mir einen kleinen Stich ins Herz. Jivamukti – die befreite Seele zu Lebzeiten. Aber dass die Seele gleich ganz ausfliegt? Hatte ich das bisher missverstanden? Sich schützend um, um Gottes Willen nicht noch mehr Menschen kennenzulernen – bitte nicht noch mehr, die dazugehören wollen und gute Vibes abzapfen möchten –, gehört eigentlich nicht dazu. Selbst wenn sich die eine oder andere berühmte Persönlichkeit im Studio tummelt oder es sich um touristische Eintagsfliegen handelt. Von beiden Gruppen gibt es nämlich einige im Jivamukti. Schließlich kann man sich weltweit auf einen hochqualifizierten Yogastil verlassen. Für mich als behandelte Eintagsfliege bleiben zwei Möglichkeiten: entweder mein Herz in eine Ritterrüstung verpacken oder hartnäckig bleiben. Die Ritterrüstung mit all ihrem Gewicht ist gegen meine Natur, und ich entschied mich für die Vorstufe von Liebe – die Freundlichkeit. Wer nicht liebt, wird von mir geliebt – so lange, bis er überquillt und zurückgeben muss, oder ich dann doch resigniere.
Meine Klasse hatte ich dann bei Anja Kühnel, der Leiterin beider Jivamukti Center, und ihre Stimme hat einen Eisberg zum Schmelzen gebracht. Ich habe Rotz und Wasser geheult. Es ist aus mir heraus gesprudelt. Auch der Unterricht XL, ganze 120 Minuten mit anschließendem Satsang, war ein absolute Bereicherung für mich. Das von mir gewohnte Niveau einer Yogaklasse wurde definitiv hochgeschraubt. Nichts für Zimperliesen. Ich gab mein Bestes, genug war es dennoch nicht. Warum mussten nur meine Arme und Beine wieder zu kurz sein? Zu meiner Selbstberuhigung kam ich zu dem Entschluss, dass wenn alle die Erleuchtung suchen, sie wohl zuerst bei den zu kurz Geratenen einschlagen müsse!
Jivamukti Berlin Kreuzberg |
Ob ich mich entscheide, von einem Lehrer zu lernen, ist jedoch weniger von seinem Unterrichtsstil abhängig, als von dem Menschen, der sich mir zeigt. Um Anja schien auch ein Schutzschild aufgebaut zu sein – ich werde definitv nochmals in eine ihrer Stunde müssen, um ein geöffnetes Fenster zu entdecken, in das ich Einlass finde. Ob sie mir Zutritt gewährt?
Meine nächste Lehrerin im Jivamukti war die engelsgleiche Martyna Eder. Ehrlich gesagt, ich war schon letztes Jahr bei ihr – auf Rat einer Freundin hin. Ja, keiner erklärt besser, wie man in Asanas kommt, was der gesamte Körper in Asanas macht, und nie habe ich mehr Tricks angereicht bekommen für eine gute Ausrichtung. Und wer sich bis jetzt noch nicht in den Kopfstand traute, macht das spätestens bei Martyna. Und zwar angstfrei!
Martyna hat mir übrigens beim heiligen Bimbam geschworen, nach Stuttgart zu kommen für eine Masterclass – vielleicht sogar mit Rebecca?! Die beiden sind so ziemlich beste Freunde. Der Fanclub wartet im Kessel. Liebe Stuttgarter-und Umgebung-Yogastudio-Besitzer bietet doch bitte den beiden einen Raum an und schlagt einen Termin vor (natürlich zuerst mir).
Bis dahin habe ich eine Antwort gefunden auf „Wat willste?“. Berlin, ick will Dir!