Orang-Utans im Nebel
… und zwar im Nebel des Verschwindens.
Vielleicht fing die Entstehungsgeschichte meines Beitrags nicht ganz so gut an. Mir wurde ein Wunsch zugetragen, und ich merkte, dass ich mich dagegen sperrte – hatte ich doch einen ganz anderen Zeitplan und ganz andere Themen im Blick. Meine Synapsen schafften zu dem geäußerten Wunsch anfänglich keine Verbindung – zudem das Thema „Mensch stülpt Gewalt über Tier“ dahinter steckte. Es sollte um Yogafotografie und Tierrechte gehen. Ich habe mir zwar das Versprechen gegeben, mich immer für die Schwächsten und die ohne Recht Malträtierten einzusetzen und ihnen meine Stimme zu geben. Aber damit meine Stimme gehört wird, gehe ich sparsam damit um. Wir würden die Schreie hören, wollen es aber nicht, und bauen deshalb Mauern dazwischen. Dieses Thema wühlt mich emotional so sehr auf und verursacht bei mir körperliche Schmerzen, dass kühle, sachliche Argumente mir schwer von den Lippen kommen. Es braucht keine Diskussion, weil ich mit Haut und Haaren weiß, dass ich richtig liege, und ich bin müde, um Selbstverständlichkeiten zu kämpfen. Jetzt habe ich mich für dieses Mal eingelassen, und mich doch zu etwas mehr Flexibilität hinreißen lassen.
Wie alles begann: wenn man in viele Yogaworkshops geht, lernt man viele tolle Leute kennen. Letztes Jahr im Yoga13 bei einem Workshop mit Chris Chavez lernte ich Iryna kennen. Wir unterhielten uns zwischen Tür und Angel nett. Iryna kam vor 7 Jahren aus der Ukraine nach Deutschland, und sie spricht die deutsche Sprache fließend. Ich verbeuge mich vor dieser Leistung. Ich frage übrigens immer, woher die Menschen kommen, das entspricht nicht mehr dem Knigge, und viele Menschen fühlen sich davon anscheinend diskriminiert. Ich möchte mich aber bereichern an dieser Welt, an der Farbenfrohheit und an unterschiedlichen Kulturen. Ich möchte wissen, wie Wind und Wetter einen Menschen formen, welche Pflanzen in anderen Regionen wachsen, wie das Schulsystem dort aussieht, das Essen schmeckt, und wie weit es zum Meer ist. Und so durfte ich schon viele Überraschungen erleben. Wie nah wir uns doch oft sind, trotz weiter Entfernung, und wie weit trotz Nähe.
Kurzum, Iryna steckte mir ihre Visitenkarte zu, auf der „Yogafotografie“ stand. Wenn ich Lust hätte oder jemanden weiß, der sich in Yogaposen fotografieren lassen möchte, dann sollte ich mich an sie erinnern. Yogafotografie! Meine Meinung dazu stand fest. Yoga ist ein innerer Weg, ein Foto – eine zweidimensionale Ablichtung – kann niemals Yoga als Prozess widerspiegeln. Yoga macht man für sich, selbst wenn es in einer Klasse mit vielen anderen stattfindet, und dient nicht zum Anschauen für andere. Yogamodell zu sein ist übrigens auch ziemlich anstrengend: alle Bandhas müssen sitzen, die Spannung muss bis in den kleinen Zeh reichen, und das Gesicht muss dabei gelöst lächeln. Das alles muss in Sekunden passieren. Denn seien wir mal ehrlich, die wenigsten können ein spektakuläres Asana für mehr als ein paar Sekunden halten. Auf einem Foto kommt die Wahrheit niemals zu Tage.
Erst jetzt, als sie mich auf ihr Anliegen ansprach, schaute ich mich auf Irynas Homepage um. Traumhaft schöne Fotos! Und übrigens auch mit mehr Leben und Schönheit erfüllt als pures Ablichten von Asanas. Wenn man sich in Yogaposen fotografieren lässt, ist es immer von Vorteil, wenn der Mensch hinter der Kamera auch etwas von der Materie versteht. Iryna ist zum Glück Yogalehrerin. Sie unterrichtet in der Yogainsel in Schwaikheim (zwischen Ludwigsburg, Waiblingen und Backnang).
Ihr Herz sitzt am richtigen Fleck, und dort brennt ein Thema. Es gibt so viele Brandherde auf unserer Erde, die gelöscht werden müssen. Und wenn Nachrichten, Reportagen und auch das echte Leben an uns vorüberziehen, übermannt uns doch oft die Schockstarre. Hilflos und mutlos versinken wir auf unserem Sofa in Apathie. Unser Planet hat doch schon längst verloren! Wir Menschen greifen ohne Sättigungsgefühl zu, wo noch was zu holen ist, ohne einen Gedanken an die nächsten Generationen zu verschwenden. Aber in all der Hoffnungslosigkeit fangen jetzt Kinder an, uns den Spiegel vor die Nase zu halten, allen voran Greta Thunberg. Im Erwachsenenkostüm kann man in seinem Nichtstun nur noch peinlich berührt sein. Die Antwort ist: es lohnt sich immer, sich einzusetzen. Und selbst dann, wenn wir ein glückliches Leben für ein Lebewesen auch nur um Sekunden verlängern können. Vielleicht ist es die Sekunde, auf die es ankommt, und aus Momenten werden glückliche Stunden. Bei jedem Engagement, jeder Mühe und jedem Einsatz wird Energie freigesetzt, und Energie löst sich niemals auf – selbst dann nicht, wenn wir sie als verschwendet und vergebens betrachten.
Irynas Herzensanliegen sind die Orang-Utans in Indonesien! Zurecht. Die Chancen, dass diese Art noch zehn Jahre überlebt, stehen schlecht. Und wir Menschen haben in unserer Millionen Jahre zurück reichenden Geschichte noch nie so erfolgreich wie in den letzten Jahrzehnten derart viele Tierarten ausgerottet. Wir werden immer mehr. und die Lebensstandards immer höher. Der Preis ist, dass andere Lebewesen weichen müssen. Wenn wir uns so weiterentwickeln, sogar auf dem jetzigen Niveau bleiben und nicht Vermehrung, Geld und Besitz gegen andere Werte eintauschen, lässt der Kollaps nicht mehr lange auf sich warten. Die Verkettung in der Natur, wie alle Lebewesen miteinander verbunden sind und wir uns alle gegenseitig brauchen, ist faszinierend. Wie oft höre ich Menschen, die sich darüber lustig machen, dass eine Straße wegen einer Molchart nicht gebaut werden darf. Aber können wir die Folgen wirklich überschauen, wenn wir den Lebensraum des Molchs zuteeren? Fakt ist, es begegnen einem doch wesentlich mehr Menschen als Molche. Und wie sehr wir von Bienen abhängig sind, beweist die Panik, die gerade zu Recht umgeht. Ohne Bienen keine Nahrung. Einfach nichts.
Ein Orang-Utan teilt sich 96,4% der DNA mit der des Menschen. Bei einem Fisch ist der Unterschied größer – deshalb fällt es uns schwerer, uns in seine Situation zu versetzen (leider). Beim Orang-Utan (auf Deutsch: Waldmensch) müsste uns das doch so viel leichter fallen. Der genetische Unterschied ist so gering, dass es eigentlich mehr um Menschenrechte geht als um Tierrechte. Mir scheint, dass manch ein Präsident weiter vom Menschsein entfernt ist. Der Unterschied ist, dass der Orang-Utan mit der Natur lebt, und wir gegen sie. Der Orang-Utan macht keine hinterlistigen Pläne, sondern lebt sein Dharma (was ich als „naturgegebene Pflicht und Sinn“ übersetze). Dabei schadet dieser freundliche, orange-zottlige Waldmensch niemanden. Ein Orang-Utan-Kind bleibt sieben Jahre bei seiner Mutter, die Verbindung zu ihr bleibt lebenslang bestehen.
Dazu kommt, dass Orang-Utans die niedrigste Geburtenrate unter den Säugetieren haben. Sein benötigter Lebensraum beträgt bei den Weibchen 70 bis 900 Hektar und bei den Männchen sind es 4.000 bis 5.000 Hektar. Diese Hektar Lebensraum sind Urwald. Die natürlich gewachsenen Pflanzen des Dschungels brauchen auch wir – für unser Klima. Ohne Pflanzen keine Luft zum Atmen. Und wir? Wir roden den Urwald. Wir roden für das schnelle Geld, für Holzproduktion und Monokulturenanbau. Ein Urwald besteht aus verschiedensten Pflanzenetagen, die sich gegenseitig Licht und Schatten spenden, Blattwerk in allen Formen und Farben, und auf jeder Höhe haben sich Tiere beheimatet, in Symbiose zur Umwelt. Partnerschaftlich und ungetrennt. Mehr Lebensformen als im Urwald sind wohl nirgendwo zu finden. Verschiedene Wurzelsysteme mit Pilz- und Bakterienkulten sorgen für fruchtbarsten Boden. Pflanzen wir Monokulturen an wie die Ölpalme, kann man zuschauen, wie schnell so ein Boden auslaugt. Tote Erde bleibt übrig, auf der in den nächsten Jahrzehnten nichts mehr wächst. Wir geben uns kurzfristig den wirtschaflichen Gesetzen des Schnell-Geld-Verdienens hin und trinken in Wirklichkeit Gift. Und dabei müssen wir nicht mal an unsere nächste Generation denken, wir sind so maßlos, dass der Schaden bereits uns mit Karacho trifft.
Zwar hat Indonesien mittlerweile der Rodung Einhalt geboten, aber es ist bereits so viel natürlicher Baumbestand dezimiert worden, dass es kaum noch Lebensräume für Orang-Utans und Tausende anderer Tierarten gibt. Indonesien ist ein Inselstaat. Die bekanntesten Inseln sind Sumatra, Java, Sulawesi, Neuguinea, Lombok, Bali und Borneo. Das Verbreitungsgebiet der Oran-Utans wurde soweit dezimiert, dass diese nur noch in geringer Stückzahl auf Borneo und Sumatra zu finden sind. Vor nicht allzu langer Zeit umfassten die Lebensbereiche auch Vietnam und China.
Was kann man dagegen tun? Es sind Kleinigkeiten, die viel bewirken:
Auf Palmölprodukte verzichten. Konzerne wie Nestlé und Unilever kann man nur mit Absatzzahlen überzeugen. Palmöl ist seit mehr als einem Jahrzehnt in der Kritik, aber nur Umsatzzahlen zählen für die Konzerne. Wird die Medienberichterstattung für sie zu brenzlig, wird die Herstellungskette einfach weniger transparent gemacht, und andere Firmen werden in der Verarbeitungs- und Vertriebskette zwischengeschaltet. Der Verzicht auf ein paar Billig- Teelichter tut nicht weh, Dieselmotoren sind auf dem absteigenden Ast (Palmöl ist in Biodiesel enthalten), und über Waschmittel und Kosmetik kann man sich ebenfalls informieren. Palmöl ist besonders beliebt im Lebensmittelbereich, da sein Schmelzpunkt sehr hoch ist. Also Finger weg von Nutella (um eine Marke beim Namen zu nennen), konventionellen Schokoladenriegeln, Eiskonfekt, Eis mit Schokoladenüberzug, Margarine und vielem mehr. Eine App hilft Euch beim Auffinden: „ZeroPalmöl“ vom „SAVE Wildlife Conservation Fund“ und „Codecheck“ von der Schweizer Codecheck AG. Beide gibt es für Apple- und Android-Smartphones. Ich selbst könnte die kleingedruckten Inhaltsstoffe nämlich nicht mehr entziffern – wenn es überhaupt jemand vermag.
Es gibt herzzereißende Bilder, wie sich Orang-Utans an Baggerschaufeln hängen, um ihr letztes Stück Land zu verteidigen. Ohne Chance. Zur Landenteignung kommt noch Wilderei. Bitte lasst Euch nicht im Urlaub mit Tieren in Gefangenschaft ablichten und besucht keine Zirkusse, die mit Tieren arbeiten. Eure Kinder werden es verstehen, und ihr sät in ihnen den Samen für eine bessere Zukunft.
Und jetzt unbedingt anmelden zum Yoga-Fotoshooting! Ich rühre hier jetzt doch tatsächlich die Werbetrommel und schließe die Verbindung der vermeintlich unterschiedlichen Themen Yogafotografie und Orang-Utans:
Iryna wird Ihr Können und ihre Zeit in den Dienst einer Orang-Utan-Hilfsorganisation stellen, Euch ablichten und die gesamten Einnahmen an die Orang Utan Foundation spenden. Der Mindestpreis ist 90 Euro, dafür bekommt Ihrein professionelles Fotoshooting von 90 Minuten mit zwölf Fotos. Der Preis ist wirklich fair und wenn Ihr noch obendrauf etwas gebt, dankt es Euch nicht nur das Karma-Gesetz, sondern auch verwaiste Orang-Utan-Babies, -Kinder und die Auffang- und Auswilderungsstationen.
Iryna wird das Shooting an drei Terminen stattfinden lassen:
Sonntag, 19.05.2019
Sonntag, 16.06.2019
Sonntag 14.07.2019
Und wenn bei diesen Terminen nichts Passendes dabei ist, dann fragt nach, ob Ihr einen anderen Termin aushandeln könnt. Handeln bei den Terminen ist möglich, beim Preis natürlich nicht.
Kleine Bedingung: Ihr müsst in Irynas Richtung fahren, also in den Rems-Murr-Kreis. Anders ist es für eine Mutter von zwei kleinen Kindern nicht möglich. Meldet Euch über Irynas Kontaktformular oder via Mail an. Iryna weiß jede Menge toller Locations in der Umgebung und geht auf Eure Wünsche ein. Auch ein Partnershooting und Best-Friends-Shooting ist möglich, Mindestpreis hier 120 Euro.
Achso: und bitte habt keine Hemmungen. Schönheitsideale sind nur anerzogen. Ihr seid einzigartig und wunderbar, mit alle Euren Kilos, Falten und Narben. Geschichten des Lebens. Macht es wie die Orang-Utans: einfach Sein! Genauso wenig müsst Ihr befürchten, dass Ihr Verrenkungs-Asanas können müsst. Die Schönheit liegt in der Einfachheit.
Danke Iryna für Dein Karma-Yoga!