Krawall im All
Mir ist gerade nicht nach schwer verdaulichen Themen. Deswegen teile ich ein kleines Ereignis, über das ich schon seit Tagen lache.
Wenn mein Mann – der Beste der Welt – sich in Sicherheit vor mir wähnt, guckt er Filme und Serien jenseits unseres Planeten. Mein Unterscheidungskraft ist so grob eingestellt, dass ich all das Weltallzeugs für ein und dasselbe halte. Es sind immer wieder die gleichen Raumschiffe, die nicht den Designpreis in Aerodynamik gewonnen haben. Egal wo – auf sämtlichen Planeten wird Metallschrott entsorgt und in Arbeitslagern sortiert. Die Arbeiter mit Kontrollchips, meist im Nacken, sind die Armen und Guten. Das Unrechtsgefühl des Zuschauers flammt empor, und man sinnt nach Abhilfe. Also nicht, dass wir auf der Erde nicht auch selbige Probleme hätten, die noch zu lösen wären. Immer wieder entkommt so ein Speedraumschiff gerade so noch dem Asteroidenhagel. Die Kostümbildner haben die Guten und die Bösen im Spiel auch leicht kenntlich gemacht. Bedient hat man sich an der Natur – und welch Glück, dass der Mensch schon zwischen gutem und bösem Tier unterscheiden kann. Unser wunderbares Insekten- , Spinnentier- und Amphibienreich auf den Faktor „mega“ hochgepumpt! Die Natur hat auf unserem Planeten Meisterleistungen vollbracht und zur Perfektion getrieben. Überschreitet eine Lebensform ihren Peak, überlebt sie nicht mehr lange – alles hält sich im Gleichgewicht.
Die Luft für das Tier Mensch könnte auch dünn werden, eventuell hängt das von unserer Handlungen ab. Und eventuell ist dieses perfekte Leben ein Experiment. Immer wieder in einen Abstand zu uns selbst zu gehen lässt uns erkennen, dass wir uns auf Boden bewegen, der uns ernährt, Wasser haben zum Trinken, einen blauen Himmel tagsüber, einen Sternenfirmament nachts, und eine Verkettung von scheinbaren Zufällen, Leben in allen Formen hervorbrachte. Wir hängen alle zusammen. Es ist ein Wunder. Viele Generationen vor uns haben sich auf das Leben nach dem Tod vorbereitet, Religionen haben das Leben Danach als Machtinstrument benutzt, und heute bleibt kein Versuch aus, ob wir nicht doch auf dem Mars oder einem Planeten mit wohlklingenden Zahlenkolonnen-Namen unser zukünftiges Dasein fristen können. Mit „wir“ ist der Mensch gemeint, vielleicht der Mensch mit viel Geld – der Rest da unten kann dann ja der Sintflut überlassen werden. Aber was ist, wenn genau DIESES Leben das Höchste und Beste von allen ist? Was, wenn wir nicht imstande sind, dies zu erkennen? Wohl kaum können wir woanders auf einer grünen Wiese liegen, an Butterblumen schnuppern und Schäfchenwolken vorbeiziehen sehen. Wohl kaum können wir uns in den warmen Sand legen und die Wellen rauschen hören. Wohl kaum können wir woanders zwischen einer Papaya oder einer Mango wählen. Wir haben die Wahl, frei zu denken, wir können unsere Gedanken beherrschen und Gedanken können auch unser Verlies sein. Aber die Erde ist manchmal nicht genug, manchmal erscheint sie uns so grausam, da setzt man sich dann auf Sofa und lässt sich andere Welten vor Augen führen.
Also zurück zum Weltall: Ich lag bereits im Bett, mein Mann wähnte sich in Sicherheit, und beamte sich zu den Sternen. Als Selbständiger hat er eine 7-Tage-Woche, und seit ich im Homeoffice doch das ein oder andere Gespräch mit Marketingfuzzis mitbekomme, würde ich den blauen Himmel und die grüne Wiese auch vergessen und nix wie weg wollen. Um Marketingfuzzis zu ertragen, braucht man einen Lotuseffekt. Wo nie Probleme waren, werden diese gemacht, und ab da wird der Problemkreisel stets angeschoben. Ja, nix wie weg ins Weltall, da geht es wenigstens um Leben und Tod.
Aber just als ich am Wegdämmern war, riss ich die Augen auf, und der Höllenlärm ließ mich senkrecht im Bett stehen. Ja, der Mann, noch immer der Beste, hat natürlich eine Surroundanlage – so als Technikfreak. Also ein Konglomerat aus mehreren Lautsprechern. Mehrere Lautsprecher erscheinen mir sinnbefreit. Eine Existenzberechtigung hätten sie, dürfte man Blumentöpfe darauf abstellen oder seinen Elefantengott. Nun, durchsetzen konnte ich mich nicht mit dieser Idee! Dafür erhielt ich aber Aufklärung. Und das erste Mal in meinem Leben fand ich Physik interessant. In der Schule konnte ich nicht viel mit dem Fach anfangen: eine Berechnung anzustellen, mit welcher Geschwindigkeit und aus welchem Winkel der Dachziegel einschlägt?! Lieber tot als querschnittsgelähmt, war nicht die richtige Antwort. Nun ja, dass es auch auf den Lehrer ankommt, können sicher viele bestätigen. Wer brennt, kann andere entzünden. Mein Mann machte mit mir den Exkurs zu Klang und Schall, und es interessierte mich! Der Subwoofer ist für den Bass zuständig. Der langwellige, tiefe Bass ist nicht zu lokalisieren, deswegen darf der bodennahe Subwoofer stehen wo er will. Die restlichen Boxen müssen so ausgerichtet sein, dass die Schallwellen sich nicht in derselben Phase überlagern. Zwei Surfer auf einer Welle – und der Streit ist vorprogrammiert! Die Frontboxen sind für die höheren Frequenzen zuständig, aber leider gibt es dann noch Rearboxen. Die Rearboxen sind für mich Feindesland, kommt der Soundeffekt doch hinterrücks. Die Geräusche sollen gefälligst aus der Richtung kommen, in die ich schaue. Mit dem Alien im Nacken und meiner Schreckhaftigkeit ist nicht nur eine Obstschale schon quer durchs Wohnzimmer gesegelt.
Jetzt war es vermutlich der Subwoofer, der mich in ein Erbebengebiet beamte. Dabei ist es doch Alltag im Universum, dass Sterne explodieren, Galaxien zusammenbrechen oder mangels Verkehrsschildern mindestens zwei Raumschiffe mit Warpgeschwindigkeit ineinander rauschen – in den grenzenlosen, vielleicht unendlichen Weiten wohlgemerkt. Klingonen versus Affenplanetarier knallen sich mit Energy-Pumpguns ab oder Aliens durchbrechen bei ihrer Geburt unter lautem Schreien ihres unfreiwilligen Wirts die Eingeweide. Es bleibt in solchen Filmen auch nicht bei einer Explosion. Es reichte mir! Wie die Mutter, die ich nie werden wollte, stiefelte ich hinunter, um meinen Unmut laut kund zu tun. Während eines Manövers durch den Kometenhagel kommt man allerdings schwerlich mit seiner Stimme durch. Zum Vorteil gereichte mir jetzt der Visual-Effect, erstmal als Schatten und nicht minder erschreckender in meiner ganzen Gestalt. Natürlich freute ich mich diebisch, jetzt auch mal das Alien im Nacken zu sein. Ich erbat, die Raumschiffe doch leiser ineinander krachen zu lassen. Lapidar bekam ich die Antwort, dass das ja nur Soundeffekte sind – die gar nicht nötig wären. Im Weltall breitet sich kein Schall aus. Alles Fake, nur dass ohne Soundeffekte die Filme halt niemand angucken würde. Häh? Ja, klar hatte ich ja schon mal gehört, dass die Wissenschaft lehrt, dass sich kein Schall da oben ausbreitet. Aber die ganzen Filme, mit denen man passiv aufwächst, machten einen doch anderes glauben. Ich glaube, ich guckte wie damals bei meiner Aufklärung. Mein Entsetzen wuchs, als man die Nachbarschaft im Kopf durchlief, wer Kinder bekommen hatte, und man bei der Blockflötenlehrerin innehielt. Weltraumfilme als Stummfilme? Kann man dann doch die Boxen in Zimmerpflanzen eintauschen?
Ja sogar die Yogaliteratur spricht vom Klang da oben – im luftleeren Raum. Dem OM, das mit seinem Erklingen und seinen Schallwellen alles zum Schwingen und Leben gebracht hat, alles an seinen Platz gesetzt hatte. Diese Theorie wurde jetzt ja haltlos. Wie soll sich Schall im luftleeren Raum ausbreiten? Dass wir uns auf der Erde akustisch mitteilen können, ist wieder Perfektion – selbst wenn es für manches gar keine Worte gibt. Nur in Luft können Schallwellen komprimiert und ausgeweitet werden, dass sie dann als Töne hörbar werden. Das meiste, womit wir im Yoga arbeiten, ist nicht sichtbar – aber die Wissenschaft reicht den einen oder anderen Beleg nach. Beobachten und Erforschen werden bleiben. Wenn die Wissenschaft das Gefühl belegt, dass wir im Yoga etwas richtig machen, ist das für mich pure Freude. Die Themenfelder reichen von der Musik über die Medizin, Anatomie, Chemie bis zur Philosophie – um nur wenige aufzuzählen. Aber was mache ich denn jetzt nur mit dem OM, was ich gedankenlos als selbstverständlich genommen habe? Natürlich weiter!
Wir können die Welt (inklusive Weltraum) nur erleben durch unser Sein. Wir sind immer die Spiegelneuronen des Universums. Durch das Glück, dass wir von Luft umgeben sind, können wir Universen entstehen lassen. Durch OM, durch freundliche Worte, unserer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wir sind grenzenlos und frei.
OM!