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Höhentraining – oder: eine Bergdohle kratzt der Krähe noch kein Auge aus

2. September 2017On the flying carpet Standard

Auf ging es in die Berge für ein verlängertes Wochenende!

Um der Wahrheit der Ehre zu geben, dachte ich immer, ich bin eher der Meermensch. Wie es doch anders kam: Vor längerer Zeit sollte mein Mann – der Beste der Welt übrigens – auf Geschäftsreise in die Schweiz, und da der Termin an einem Wochenende lag, konnte ich ihn begleiten. Wir kamen in Dunkelheit im Berner Oberland an. Nichts war in der Nacht zu erkennen, und ich dachte mir, ich lege am nächsten Tag einfach einen Wellnesstag ein – Wandern ist schließlich doof. So was machen nur Wurzelseppe mit komischen Kopfbedeckungen, die dann am Stammtisch Parolen schwingen, die nicht mit meiner Gesinnung übereinstimmen. Achja, und dann ist da noch die Angst vor meiner Orientierungslosigkeit und dem Verlaufen – also so verlaufen, dass man nicht mal mehr einen Wurzelsepp mit komischer Kopfbedeckung findet, um nach dem Weg fragen zu können. Meer hingegen bedeutet Freiheit. Also, diese Meinung steht bei mir nach wie vor wie der Fels in der Brandung, aber mittlerweile bin ich doch breiter aufgefächert, und auch die Bergziege in mir ist freiheitslustig geworden.

Erst der nächste Morgen und der Blick aus dem Hotelfenster enthüllten die Landschaft, die sich vor mir ausbreitete beziehungsweise mit der Eiger Nordwand auch ihre Grenzen fand. Der Anblick hat mir den Atem genommen. Keine sanften und lieblichen Hügel, nein: eine Landschaft wie im Bilderbuch, schroffe Felswände, schneebedeckte Berge, grüne Almen. Ein Andrenalinstoss (diesmal geradlinig, ohne der Skoliose zu folgen) schoss in meinem Körper hoch. Ich musste hoch, die Gipfel erstürmen, um jeden Preis! Wellness und „Schischi“ waren ad acta gelegt. Ohne mich weiter um sämtliche mir offen stehende Möglichkeiten zu kümmern (in meiner Sturm- und Drangphase war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, lange rumzugoogeln), ist es in dem Örtchen Grindelwald die Gondel zum First geworden mit dem atemberaubenden Weg zum Bachalpsee. Eiger, Mönch und Jungfrau (wie gesagt: bis vor nicht allzu langer Zeit war für mich ein Berg ein Berg  – ohne Eigencharakter) immer am Horizont unter strahlend blauem Himmel.

Der Geruch der Bergwiesen und der würzigen Kräuter waren zum Niederknieen. Oder wie sagt man dazu, wenn man sich nackig machen und einmal den Berg runterrollen möchte? Der Anblick der leuchtenden Farben und der Blumenvielfalt, all das war im wahrsten Sinne berauschend. Nicht nur eine Sorte Enzian, sogar unterschiedliche, Edelweiss, Eisenhut und Silberdisteln waren auf einmal echt und nicht mehr nur im Heidi-Bilderbuch. Es war das Erwachen ganz neuer Sinne und eine neue Justierung der Wahrnehmung. Alles da oben war so viel intensiver. Kühe und Ziegen beim Weiden hatte ich übrigens seit meiner Kindheit nicht mehr unter freiem Himmelszelt gesehen. Sogar ein Murmeltier habe ich gesichtet.

Die Schweiz ist wahrscheinlich das teuerste, was man an Bergerlebnissen unternehmen kann. Eine Gondelfahrt ist schon ein wahrer Pickpocket. Aber sie ist jeden Franken und jeden Rappen wert. Ein wahres Fest der Sinne, und die Natur lässt ihre Flora und Fauna über den Catwalk stolzieren.

Grund genug, letztes Wochenende, den siebten Hochzeitstag mit meinem Mann – der Beste der Welt übrigens – dort wieder zu verbringen. Und diesmal natürlich begleitet von Asanas unterm freien Firmament. Reisen schärft die Sinne und erdet auch gleichzeitig wieder. Vieles, was so selbstverständlich scheint, wird wieder von unschätzbarem Wert. Vermeintliche Kleinigkeiten werden schützenswert. Der blaue Eisenhut zum Beispiel – die wohl giftigste europäische Pflanze –  kann nur von einer Hummelart bestäubt werden, der Eisenhuthummel oder lateinisch: Bombus gerstaeckeri.

Die Natur erscheint uns oft wild, stark und selbstregenerierend, aber da alles verbunden und verwoben ist, kann der Mensch auch schnell durch unbedachtes Handeln eine Art auslöschen und eine unabsehbare Kettenreaktion in Gang setzen. Es beruhigt mich ungemein, dass es den blauen Eisenhut gibt. Das Leben wird doch gleich viel entspannter, wenn man weiß, dass es tödlich sein kann :-).

Und: Im Land der Bergdohlen darf man auch mal eine Krähe (Kakasana) wagen! Momentanes Lieblingsmantra: Holladürüdü!

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